Das österreichische Rauchfangkehrerwesen
Einblicke in Gesetze, Normen und aktuelle Entwicklungen
Einleitung: Ein komplexes und traditionsreiches Gewerbe
Das Rauchfangkehrergewerbe in Österreich ist tief in der Geschichte verwurzelt und hat sich von der reinen Brandverhütung zu einem vielschichtigen Berufsfeld entwickelt. Heute tragen Rauchfangkehrer wesentliche Verantwortung für Brand- und Personenschutz, überprüfen Anlagen im Sinne der Bau- und Feuerpolizei und nehmen Aufgaben im Umweltschutz sowie der Energieeffizienz wahr.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind durch die föderale Struktur Österreichs und dynamische technische Normen komplex. Dieser Überblick beleuchtet die maßgeblichen Gesetze, Verordnungen, Richtlinien und Normen, die für dieses sicherheitsrelevante Gewerbe gelten.
Die Hierarchie der Rechtsquellen
Die gesetzlichen und normativen Grundlagen für Rauchfangkehrer sind vielschichtig und hierarchisch strukturiert. Europarechtliche Vorgaben bilden die Spitze, gefolgt von nationalen Bundes- und Landesgesetzen, bis hin zu detaillierten technischen Normen.
Die Grafik unten zeigt eine qualitative Verteilung der verschiedenen Regelungsebenen, basierend auf ihrer Bedeutung und dem Umfang der Diskussion im zugrundeliegenden Bericht.
Diese Darstellung illustriert die Komplexität und die verschiedenen Einflussebenen auf das Rauchfangkehrergewerbe.
Das Fundament: Bundesgesetzliche Regelungen
Die Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) bildet das Kernstück des Berufsrechts für Rauchfangkehrer in Österreich. Sie definiert den Rahmen für die Gewerbeausübung, Berechtigungen und Pflichten.
Definieren u.a. Berechtigungen, Kehrgebiete, Betriebspflicht und Höchsttarife.
Sicherheitsrelevante vs. sonstige Tätigkeiten, mit unterschiedlichen regulatorischen Anforderungen.
Durch den Landeshauptmann zur Sicherstellung der Versorgung und des Konsumentenschutzes.
Qualifikation und Zugang zum Gewerbe
Der Zugang zum Rauchfangkehrergewerbe ist streng reglementiert. Die Meisterprüfung ist der zentrale Befähigungsnachweis und sichert ein hohes Qualitäts- und Sicherheitsniveau.
Der Weg zur Meisterprüfung (vereinfacht)
Dieser Prozess stellt sicher, dass Rauchfangkehrer über umfassende theoretische und praktische Kenntnisse verfügen.
Struktur der Meisterprüfung (Module)

Die Meisterprüfungsordnung 2021 umfasst 5 Module, die praktische, mündliche, schriftliche, Ausbilder- und Unternehmerkompetenzen prüfen.
Föderale Vielfalt: Landesrechtliche Bestimmungen
Jedes der neun Bundesländer erlässt eigene Gesetze und Verordnungen, die Kehrpflichten, Intervalle, Tarife und feuerpolizeiliche Aufgaben konkretisieren. Eine österreichweit einheitliche Kehrordnung existiert nicht.
Burgenland
Zentral: Bgld. Kehrgesetz 2022 (LGBl.Nr. 52/2022) – regelt Brandsicherheit, Feuerstättenbeschau, Kehrbuch.
Kärnten
Wichtig: K-GFPO, K-BO 1996 (§33 Abgasanlagenprüfung), Verordnung Kärntner Rauchfangkehrer-Höchsttarife.
Niederösterreich
Schlüsselnorm: NÖ Feuerwehrgesetz 2015 (Feuerpolizeiliche Beschau, Kehrpflicht), detaillierte Höchsttarifverordnung.
Oberösterreich
Prägend: Oö. Fangverordnung (Verweis auf ÖNORM B 8201), Oö. Gasverordnung (Verweise auf ÖNORMEN).
Salzburg
Basis: Salzburger Feuerpolizeiordnung 1973, ergänzt durch spezifische Kehr- und Tarifordnungen.
Steiermark
Modern: Steiermärkische Kehrordnung 2018 (StKO 2018) mit Intervallen und Verweis auf ÖNORM B 8201.
Tirol
Mehrere Gesetze: Tiroler Feuerpolizeiordnung 1998, Bauordnung 1998, TGHKG 2013 (Gasanlagen).
Vorarlberg
Historisch gewachsen: Vorarlberger Feuerpolizeiordnung von 1949 (vielfach novelliert).
Wien
Eigenes Paket: Wiener Feuerpolizeigesetz 2015, Kehrverordnung 2016, Heizungs- und Klimaanlagengesetz 2015.
Diese Vielfalt erfordert von Rauchfangkehrern genaue Kenntnis der im jeweiligen Tätigkeitsbundesland geltenden Vorschriften.
Technische Säulen: Normen und Richtlinien
Technische Normen (ÖNormen), OIB-Richtlinien und Technische Richtlinien Vorbeugender Brandschutz (TRVB) definieren den Stand der Technik und sind oft rechtlich verbindlich oder als anerkannte Regeln zu beachten.
Wichtige ÖNormen im Überblick (Auswahl)
ÖNORM | Kurzbeschreibung |
---|---|
B 8201 | Prüfung auf freien Querschnitt und Betriebsdichtheit |
B 8200 | Benennungen und Definitionen |
EN 15287-1/2 | Planung, Montage, Abnahme von Abgasanlagen |
H 5170 | Anforderungen an Heizungsanlagen (Sicherheit, Brand-, Umweltschutz) |
ÖNORMEN konkretisieren Anforderungen an Materialien, Ausführung, Prüfung und Wartung.
OIB-Richtlinien & TRVB
OIB-Richtlinien
Harmonisieren bautechnische Anforderungen der Bundesländer (z.B. Brandschutz OIB-RL 2, Energieeinsparung OIB-RL 6). Oft durch Verweis in Bauordnungen verbindlich.
TRVB
Technische Richtlinien Vorbeugender Brandschutz (ÖBFV). Anerkannte Regeln der Technik, oft von Behörden/Versicherungen gefordert.
Diese Regelwerke sind entscheidend für die fachgerechte Planung, Ausführung und Überprüfung von Anlagen.
Europarechtliche Einflüsse
EU-Vorgaben prägen zunehmend das nationale Recht. Insbesondere die Dienstleistungsrichtlinie und Umweltrichtlinien haben zu Anpassungen geführt.
EU-Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG)
Ziel: Abbau von Hindernissen für freien Dienstleistungsverkehr.
Folge: Differenzierung in sicherheitsrelevante (strengere Regeln bleiben eher) und sonstige Tätigkeiten (Lockerung von Anforderungen wie Niederlassungspflicht/Bedarfsprüfung).
Führt zu teilweiser Liberalisierung des Marktes.
EU-Richtlinie Mittelgroße Feuerungsanlagen (2015/2193) & FAV 2019
Ziel: Begrenzung von Schadstoffemissionen.
Umsetzung: Feuerungsanlagen-Verordnung 2019 (FAV 2019) mit Emissionsgrenzwerten und Registrierungspflichten (1-50 MW Anlagen).
Erweiterte Aufgaben für Rauchfangkehrer im Bereich Umweltüberprüfung und Beratung.
Wichtige legislative Meilensteine
Gewerbeordnung (GewO)
Schaffung der grundlegenden bundesweiten Regelung.
EU-Dienstleistungsrichtlinie & Novelle GewO
Beginn der Liberalisierung und Differenzierung der Tätigkeiten.
FAV 2019 & Neue Meisterprüfungsordnung
Stärkung des Umweltschutzes und Modernisierung der Qualifikation.
Diese Meilensteine verdeutlichen die kontinuierliche Anpassung der Rahmenbedingungen an neue Anforderungen.
Fazit und Ausblick
Das Rauchfangkehrergewerbe in Österreich ist durch ein komplexes Zusammenspiel von Bundes-, Landes- und EU-Recht sowie technischen Normen geprägt. Die Verantwortung für Sicherheit, Brand- und Umweltschutz ist enorm.
Wesentliche Trends sind die zunehmende Bedeutung von Energieeffizienz und Umweltschutz, die Anpassung an EU-Vorgaben und die Notwendigkeit kontinuierlicher Weiterbildung aufgrund technologischer Fortschritte und dynamischer Rechtslagen.
Empfehlungen für die Praxis:
- Kontinuierliche Rechtsinformation (RIS nutzen).
- Fundierte Normenkenntnis (ÖNormen, OIB).
- Nutzung von Fachinformationen (WKO, Innungen).
- Verständnis europarechtlicher Einflüsse.
- Sorgfältige Dokumentation aller Tätigkeiten.
Nur durch stetige Anpassung und Beachtung aller Vorschriften können Rauchfangkehrer ihrer wichtigen Rolle gerecht werden.